11.10.2015 Abflug von Paris, im Gegensatz zum letzten Jahr
bin ich dieses Jahr sehr gut begleitet. Mental werde ich unterstützt und ich
weiß schon, dass es genauso so wichtig ist wie eine gute Vorbereitung.
12.10.2015, nach der Landung, werden wir sofort vom Orgateam
des Grand Raid empfangen. Ananas, Samousas, Tee, Kaffee und natürlich Rum! Gestärkt
fahren wir nach le Tampon, wo unsere Wohnung sich befindet. Aperitif (mit Rum
natürlich) und großes Essen (Süßkartoffeln!!!) und im Bett. Ab morgen sind 3
Tage in Mafate angekündigt.
13.10.2015, Abfahrt nach Col des Boeufs in Salazie. 3h Fahrt
später sind wir (Anna und ich) bereit die Wanderung zu starten. Wir möchten die
Strecke der Diagonale von Col des Boeufs bis Ilet à Bourse folgen. Um den
Bedingungen bei der Diagonale so nah wie möglich zu sein, trage ich die Schuhe
die ich auf dieser Strecke tragen werde: Salomon S-Lab Wings. Auf Grund unserer Verletzungen, haben wir unsere Strecken gekürzt und uns
entschieden zu wandern. Der Himmel ist bedeckt und so schlecht ist es nicht, da
wir erstmal uns an der Wärme und teilweise Feuchtigkeit gewöhnen müssen. In
Ilet à Bourse können die Temperatur über 35°C am Schatten steigen und Schatten
gibt es eigentlich nicht…
Wir kommen Mitte Nachmittag an, begeistert und schon frisch
gebadet. Wir wohnen bei Gite de l’Ilet à Bourse. Ich kann es nur
empfehlen. Nettes Abendessen mit Süßkartoffelkuchen!
Lecker!
14.10.2015, Ilet à Bourse – Roche Plate.
Die Strecke ist eigentlich ganz kurz. Kaum 12k aber mit über
1500hm ( + und -!) und auf Mafate Wege! Ursprünglich wollte ich noch zum Grand
Bénare oder mindestens zum Maïdo. Am Ende entscheiden wir einfach am Roche
Ancrée zu baden, da das Wasser so klar und warm war und dann bei der Ankunft einen
Rum in Roche Plate zu trinken und natürlich Süßkartoffelkuchen. Naja wir sollen
uns schonen, wir sind verletzt!
15.10.2015, Roche Plate – Col des bœufs.
3. Mafate Tag, Heute ist es wie gestern: WARM ! Also
vor Trois Roches machen wir eine Pause bei der Tisanerie und genießen ihre
hervorragenden Getränke im Schatten. In Marla machen wir wie üblich in Au Marla
eine Rum-Pause und es geht weiter zum Col des Boeufs!
Unsere Reise durch Mafate ist damit leider schon beendet. In
Mafate gibt es keine Straße, kein Verkehr. Es ist nur für Wanderer und
Einheimische. Man kann nur zu Fuß von A nach B. Dieser Kessel bleibt für mich
ein Paradies im Paradies. Die Ruhe, die von dort strahlt ist einfach unbeschreiblich
und kein Bild kann es zeigen. Bis Bald Mafate. Wir sehen uns wieder.
16.10.2015, Saint Paul.
Ein bisschen Tourismus, lange auf dem Markt, alles mögliche
probiert und dann Strand… Ohne zu baden, Haigefahr!
17.10.2015, Grand Bassin.
Noch müde von unseren 3 Tage, entscheiden wir für eine
gemütliche Wanderung… Grand Bassin… 700hm ist nicht so soft wie gedacht aber es
lohnt sich. Landschaftlich ist es wieder atemrauchend. Und baden kann man auch.
Wir genießen es! Da die Wanderung für uns nicht wirklich ausreichend ist, fahren
wir zum Vulkan! Er ist gerade aktiv und dieser Spektakel ist wirklich eine
Reise wert. Die Natur in seiner ganzen Gewalt!
Mehr oder weniger leichte Wanderung in der Höhe um frische
Luft zu schnappen. Da es wirklich frisch ist und regnet, werden wir den Grand
Bénare (fast 3000müNN) nicht erreichen. Schade. Egal irgendwann kommen wir
zurück.
19.10.2015, Cilaos.
Geplant war zum Piton zu gehen, da mein Po wieder schmerzt
und die Diagonale naht, entscheiden wir nur eine kürzere Runde in Cilaos zu
wandern. Kurz ist natürlich relativ, da wir trotzdem über 4h30 unterwegs waren
und mehr als 800hm gemacht haben. Erholsam war es trotzdem und mein Po ist mir
dankbar!!!
20.10.2015, Vulkan noch Mal.
Letztes Mal waren wir auf dem Mond nachts. Dieses Mal will
ich Anna zeigen, wie es Tagsüber aussieht. Leider müssen feststellen: er ist
jetzt unaktiv… Schade. Das Wetter ist auch unfreundlich… Nebel, Wind, Regen…
Egal wir genießen die Landschaft. So was sieht man nicht jeden Tag.
21.10.2015, Cascade de Langevin und Startnummerabgabe!
Ein bisschen Kryotherapie vor der Wettkampf ist immer gut,
also wir gehen baden in ein der schönsten Wasserfall, die es gibt. Es tut
einfach gut!
Kurze Wanderung und dann Startnummer abholen… Langsam wird
es ernst… Die Spannung steigt… Ich habe Schiss…
22.10.2015, der längste Tag meines Lebens
Morgens einpacken: 3h!!! Und dann abwarten. Die Zeit
verläuft so langsam, es ist fast grausam. Ich will endlich starten… Nein ich
will nicht starten, ich schaffe es nicht. Bin gestresst, mir ist schlecht. Wird
mein Po halten? Wenn nicht, was mache ich? Aufgeben? Kämpfen? Ich weiß es nicht,
es sind zu viele Fragen.
19Uhr 30, mit meiner Mama, Jean und Anna fahre ich zum Start.
Die Stimmung ist sehr sehr angespannt. Alle haben Angst. Angst wegen der
Verletzung, vor einem Unfall, Aufgeben, ich weiß es nicht, aber etwas stimmt
nicht.
20 Uhr: ich bin im Startbereich. Die Spannung ist da aber
gleichzeitig alles ist ruhig. Alle Gesichter sind konzentriert. Alle schweigen,
es ist fast religiös…
21 Uhr man steht auf, es wird leicht gedrängelt um nah zum
Zaun zu sein.
21 Uhr 45 wir dürfen bis zum Startlinie. Ich bin
erschrocken. Mein Herz schlägt wie verrückt… Bald geht es los, bald bin ich
dabei, bald werde ich mein Traum erleben. Bald ist es so weit…
22 Uhr, es geht los, der Start ist deutlich langsamer als
letztes Jahr… mir geht es gut, endlich darf ich laufen, die Bewegung entspannt
mich. Es sind tausende von Leute am Rand. Ich habe sowas nie gesehen. Es
existiert bestimmt nirgendwo anders. Die Stimmung ist da um uns zu
unterstützen, wir sind die Helden der Inseln. Ab jetzt lebt die Inseln nur noch
für uns. Sogar der Vulkan ist seit 1h wieder wach! Er wird uns seine Energie
geben…
Meine Mama, Jean und Anna stehen an der Strecke, ein letzter
Kuss und die Nacht gehört mir!
23 Uhr 30 ich überhole Nuria Picas und Véro Chastel… Ich bin
am 2. VP. Mir geht es top, die technischen Passage fangen an. Quer durch Dschungel,
die Arme kommen zum Einsatz. Ich gehe gemütlich dadrin, ein Fehler ist schnell
getan…
Ich laufe weiter gemütlich um sicher zu sein, dass meine
Verletzung ruhig bleibt. Ab und zu schmerzt es aber es hält. Ich freue mich.
Unterwegs wird zwischen den Läufern viel gesprochen. Es ist eigentlich kein
Wettkampf gegen die anderen sondern nur mit sich selbst.
04 Uhr 45, also Freitag… ich habe schon 50k geschafft. Ich
fühle mich fit. Es hat leicht geregnet aber sonst ist alles OK. Langsam wird es
hell. Ich weiß jetzt warum ich so was tue! Ich bin jetzt bei 2000müNN, hinter
mir der aktiver Vulkan, vor mir der Piton der Neige (3071müNN) links und rechts
Indische Ozean und rundherum Dschungel. Die Vögel feiern den Sonnenaufgang und
die wundervolle Farbe des Himmels. Es ist ein Wunder! So ist das Leben. Ich
liebe laufen. Ich liebe Trailrunning!
Kurz vor 7 Uhr fange ich den Abstieg vom Kerveguen an.
Letztes Jahr war es hier für mich die Hölle. Ich kam kaum vorwärts. Ich hatte
Angst. Dieses Jahr erscheint es mir erstaunlicherweise nicht so schwierig. Ich
kann es problemlos runter laufen. Ich werde sogar nur von 2 Personen überholt…
08 Uhr, Cilaos, meine Mama, Jean und Anna sind da. Mahlzeit.
Ich ziehe mich komplett um, esse so viel ich kann, trinke und nach 20min
verdiente Pause geht es weiter die Batterie sind wieder voll. Ich bin voll
motiviert. Ich werde FINISHER!
09 Uhr 40 ich bin am Fuß von Taïbit. Die Temperatur ist
deutlich über 30°C. In der Nacht hatten wir 2 °C, jetzt gibt es Hitze. Die Zeit
spielt hier keine Rolle. Ich will einfach nicht überhitzen. Ich entscheide den
Taïbit hochzugehen. Auf keinen Fall laufen. Ein Hitzschlag wäre tödlich.
Nichtsdestotrotz traut sich keiner zu überholen. Wir sind alle im
Schneckentempo unterwegs. Bei über 2000 erreiche ich den Pass. Ich bin wieder
in Mafate! Weiter zu Col des Boeufs (Salazie). Weiter zum Plaine der Merles….
Hier ist es kalt 7-8°C! Verrückt!!!
Und weiter zurück nach Mafate. Und da wird es heiß. Es ist
ein Ofen. 35°C am Schatten… aber Schatten gibt es nicht. Wir kochen. In Grand
Place bekomme ich eine Dusche das heißt 5L Wasser auf dem Kopf in 5s… Es tut
gut. Sehr gut sogar.
Mir wurde gesagt, dass man auf der Strecke schlafen muss.
Ich versuche es… Blöde Idee. Ich schaffe es nicht, verliere nicht nur Zeit,
sondern der Körper fährt auch runter… Was bringt es mir? nichts… Außer Paul
Cléo Libelle zu treffen. Er hat schon 2 Mal die Strecke gewonnen und ist da
neben mir. Was für eine Ehre!
Weiter nach Roche Ancrée, mit Pascal Guitton. Wir haben
einander letztes Jahr kennengelernt. Ich habe ihm versprochen, dass ich Finisher
sein werde. Wir plaudern ein bisschen. Es geht uns gut. Weiter. Weiter. Langsam
ist es nicht mehr so heiß. Angekommen am Roche Plate, ich versuche nochmal zu
schlafen. Dummheit, ich kühle nur ab. Schlafen will ich nicht. Schlafen kann
ich nicht.
Und jetzt Maïdo! Die Wand von Maïdo. Ich habe alles darüber
gehört. Von extrem schwer und kaum begehbar bis gar nicht so schwierig… Ich
werde mir jetzt meine eigene Meinung bilden. Einfach ist es nicht. Extrem auch
nicht. Es ist eine Steigung, die einfach sehr spät kommt und deswegen an den Reserve
zieht aber machbar ist. Darüber hinaus, ist der Ausblick ein Traum! Man sieht
die Lichter der Läufer überall in Mafate, überall auf der Wand. Im Süden sieht
man, dass der Vulkan voll aktiv ist, und über uns leuchten die Sterne. Es lenkt
mich komplett ab. Ich genieße es. Ich bin glücklich, dass ich so etwas erleben
darf. Ich liebe meinen Sport… und ich liebe Anna und will schnell zu ihr… Kaum
am Pass, geht es los nach unten. Vor Sans Soucis wartet sie, endlich wieder.
Ich vermisse sie! Ich laufe ca. 1h lang und dann… meine Beine rebellieren, ich
muss gehen. Ich versuche so oft wie möglich zu laufen aber es ist schwer.
23 Uhr 30 ich bin in Sans Soucis… mit vielen Sorgen! 25h30 gelaufen.
Neuer Rekord. Meine Mama, Jean und Anna sind da. Ich nicht… ich bin abwesend.
Essen kann ich nicht mehr, trinken auch nicht. Ich versuche wieder zu schlafen.
Ich zittere. Mir ist kalt. Ich bin am Ende. Nach 30min Pause und Massage von
Anna stehe ich auf… Mir geht es dreckig… Ich wackele zum VP, gehe ein Teller
Reis essen… Und plötzlich geht es mir besser. Innerhalb von 5min bin ich wieder
am Leben!
Ich stehe auf und LAUFE weiter Richtung Fluss. Den überquere
ich in Mitten des Gesangs der Kröten. Und es geht wieder hoch. Es scheint mir
alles so einfach!!! Dann runter zum VP… Es geht mir wieder gut… bis zum Chemin
Kaala! Der Weg ist unbeschreiblich, es ist einfach gruselig, und extrem steil,
mit Bäume um sich festzuhalten. Ich hasse es ich bin zu müde um zu spielen…
Mein Knie schmerzt… Ich bin mit der 5. Frau unterwegs… Sie hat Schiss. Wir
machen den Abschnitt gemeinsam… Nur schnell raus da…
04h30, also Samstag! Possession, ich bin fit… nur mein Knie
will nicht mehr.
Schnelle VP (wahrscheinlich zu schnell) und weiter zum
Chemin des Anglais. Diesen Weg kenne ich. Einfach ist es nicht. Schwer auch
nicht. Ich gehe zügig darauf, bis mir plötzlich sehr schwindlich wird. Ich sehe
nicht mehr so gut, es wird draußen hell aber bei mir immer dunkler. Zum Glück ist Anna mir wieder entgegen gekommen! Sie
redet mit mir, aber ich bin nicht mehr da. Ich folge einfach die Stimme, es hilft noch vorwärts zu kommen. Ich bin ein Zombie. Ich bin halbtod…
Am VP, trinke ich schnell 3 Cola und 1 Malzgetränk. Viel
Zucker, es sollte reichen. Dann weiter… Letzter Berg (1100hm!). Ich werde es
schaffen… In der Tat: 5min später bin ich wieder in meinem Rennen. Wir sind zu
fünft. Wir ziehen einander. Wir reden miteinander. Und die 2h bis zum letzte VP
sind sehr sehr schnell vorbei. Das ist auch Trailrunning. Wir haben einander
unterstützt. Wir haben es geschafft. Zusammen!
Nur noch 4k, 4k bergab. Mein Knie ist tot. Laufen ist
untersagt. Ich will mich nicht verletzen. Ich will nur finishen. Die Zeit
spielt keine Rolle mehr. Die Platzierung auch nicht. Ich glaube endlich daran:
Ich werde ein FOU!
Nach etwas mehr als 1h bin ich kurz vor dem Stadion, meine
Mama ist da, Jean ist da, Anna ist da! Ich weine… die Emotion ist zu stark, ich
habe davon seit 2 Jahren geträumt. Endlich habe ich La Redoute erreicht… Ich bin
glücklich, wir laufen zu viert Hand in Hand über die Ziellinie. Ich bin stolz,
ich bin glücklich, ich habe es geschafft.
Ich bin FINISHER! Ich habe überlebt.
Ich darf ein kurzes Interview geben. Ich bekomme die
Medaille und das T-shirt, als Symbol einer Grenzerfahrung.
Ich gehe zum letzten VP, Zielverpflegung. Trinke ein
bisschen, Anna bringt mir Pommes, Jean ein Bier. Ich genieße und erzähle,
zumindest versuche ich es.
Ich versuche duschen zu gehen… Mein Kreislauf ist
ausgeknockt… ich bin über meine Grenzen gegangen… ich werde 1-2h bei der Rote
Kreuz bleiben… Dann essen, trinken und nach Hause… ich versuche nochmal zu
verstehen, was ich geschafft habe! Ich kann endlich ein Strich unter 2014
ziehen. 2015 ist ein wunderbares Jahr. Ich bin ausgeglichen.
Ein paar Tage ist es jetzt her. Ich habe noch nicht komplett
begriffen, was ich gemacht habe. Ich bin noch in einem Traum. Ich bin einfach
sehr glücklich. Davon bin ich überzeugt.
Ich möchte mich einfach bedanken, bei allen die mir
unterstützt haben, Christian und Iris von der Landau Running Company, danke für
die moralische Unterstützung und die tolle Ausrüstung, ihr seid weltklasse, beim ganzen Team des LRC und
besonders den Läufer(ine)n, mit denen ich näher war und trainieren durfte. Ihr
ward da, als ich es gebraucht habe. Ich hoffe, ich war auch da um ein paar Mal
Hilfe zu geben…
Danke an Rainer von Salomon für die tollen Schuhe. Die Slab
Wings waren genial! ich habe sie über 100k während der Diagonale getragen. Beschwerdefrei.
Es hat bestimmt eine große Rolle gespielt.
Danke an die Veranstalter aller Läufe, die mich auf die
Diagonale vorbereitet haben und insbesondere danke an die Familie Höfle vom
KuSuH!
Danke an das Orgateam und die Helfer von der Diagonale. Es
hat mich immer gefreut wieder eure Gesichter zu sehen. Ohne euch wäre nichts
möglich.
Danke an alle, die mir vorher, während und nachher
unterstützt haben. Man kann es kaum glauben, aber es hilft.
Danke an meine Mitläufer, insbesondere Pascal! Wir sehen uns
bestimmt wieder.
Und ganz besonderen Dank an meine Mama, Jean und Anna, die
auch 35h auf den Beinen waren, die vor Angst gestorben sind, die immer an mich
geglaubt haben und die einfach da waren. Es war eine Ehre mit euch über die
Ziellinie zu laufen. Ihr habt es verdient! Und nochmal Danke Anna für die Massage vor während und nach dem Lauf sowie das Taping, das Mitlaufen und die tolle Hinweise unterwegs, die Vorbereitung meiner Sachen am VP
und und und einfach du bist mein Everything. Merci!
und und und einfach du bist mein Everything. Merci!
Und danke an alle, die ich vergessen habe!
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