Donnerstag, 29. Oktober 2015

La Réunion, meine Traumreise in Paradise


11.10.2015 Abflug von Paris, im Gegensatz zum letzten Jahr bin ich dieses Jahr sehr gut begleitet. Mental werde ich unterstützt und ich weiß schon, dass es genauso so wichtig ist wie eine gute Vorbereitung.

12.10.2015, nach der Landung, werden wir sofort vom Orgateam des Grand Raid empfangen. Ananas, Samousas, Tee, Kaffee und natürlich Rum! Gestärkt fahren wir nach le Tampon, wo unsere Wohnung sich befindet. Aperitif (mit Rum natürlich) und großes Essen (Süßkartoffeln!!!) und im Bett. Ab morgen sind 3 Tage in Mafate angekündigt.


13.10.2015, Abfahrt nach Col des Boeufs in Salazie. 3h Fahrt später sind wir (Anna und ich) bereit die Wanderung zu starten. Wir möchten die Strecke der Diagonale von Col des Boeufs bis Ilet à Bourse folgen. Um den Bedingungen bei der Diagonale so nah wie möglich zu sein, trage ich die Schuhe die ich auf dieser Strecke tragen werde: Salomon S-Lab Wings. Auf Grund unserer Verletzungen, haben wir unsere Strecken gekürzt und uns entschieden zu wandern. Der Himmel ist bedeckt und so schlecht ist es nicht, da wir erstmal uns an der Wärme und teilweise Feuchtigkeit gewöhnen müssen. In Ilet à Bourse können die Temperatur über 35°C am Schatten steigen und Schatten gibt es eigentlich nicht…
Wir kommen Mitte Nachmittag an, begeistert und schon frisch gebadet. Wir wohnen bei Gite de l’Ilet à Bourse. Ich kann es nur empfehlen.  Nettes Abendessen mit Süßkartoffelkuchen! Lecker!






14.10.2015, Ilet à Bourse – Roche Plate.
Die Strecke ist eigentlich ganz kurz. Kaum 12k aber mit über 1500hm ( + und -!) und auf Mafate Wege! Ursprünglich wollte ich noch zum Grand Bénare oder mindestens zum Maïdo. Am Ende entscheiden wir einfach am Roche Ancrée zu baden, da das Wasser so klar und warm war und dann bei der Ankunft einen Rum in Roche Plate zu trinken und natürlich Süßkartoffelkuchen. Naja wir sollen uns schonen, wir sind verletzt!









15.10.2015, Roche Plate – Col des bœufs.
3. Mafate Tag, Heute ist es wie gestern: WARM ! Also vor Trois Roches machen wir eine Pause bei der Tisanerie und genießen ihre hervorragenden Getränke im Schatten. In Marla machen wir wie üblich in Au Marla eine Rum-Pause und es geht weiter zum Col des Boeufs!
Unsere Reise durch Mafate ist damit leider schon beendet. In Mafate gibt es keine Straße, kein Verkehr. Es ist nur für Wanderer und Einheimische. Man kann nur zu Fuß von A nach B. Dieser Kessel bleibt für mich ein Paradies im Paradies. Die Ruhe, die von dort strahlt ist einfach unbeschreiblich und kein Bild kann es zeigen. Bis Bald Mafate. Wir sehen uns wieder.





16.10.2015, Saint Paul.
Ein bisschen Tourismus, lange auf dem Markt, alles mögliche probiert und dann Strand… Ohne zu baden, Haigefahr!

17.10.2015, Grand Bassin.
Noch müde von unseren 3 Tage, entscheiden wir für eine gemütliche Wanderung… Grand Bassin… 700hm ist nicht so soft wie gedacht aber es lohnt sich. Landschaftlich ist es wieder atemrauchend. Und baden kann man auch. Wir genießen es! Da die Wanderung für uns nicht wirklich ausreichend ist, fahren wir zum Vulkan! Er ist gerade aktiv und dieser Spektakel ist wirklich eine Reise wert. Die Natur in seiner ganzen Gewalt!







18.10.2015, Grand Bénare.
Mehr oder weniger leichte Wanderung in der Höhe um frische Luft zu schnappen. Da es wirklich frisch ist und regnet, werden wir den Grand Bénare (fast 3000müNN) nicht erreichen. Schade. Egal irgendwann kommen wir zurück.






19.10.2015, Cilaos.
Geplant war zum Piton zu gehen, da mein Po wieder schmerzt und die Diagonale naht, entscheiden wir nur eine kürzere Runde in Cilaos zu wandern. Kurz ist natürlich relativ, da wir trotzdem über 4h30 unterwegs waren und mehr als 800hm gemacht haben. Erholsam war es trotzdem und mein Po ist mir dankbar!!!
Unterwegs essen wir Macciata mit Schoko und Marzipan! Ein Traum!



 
20.10.2015, Vulkan noch Mal.
Letztes Mal waren wir auf dem Mond nachts. Dieses Mal will ich Anna zeigen, wie es Tagsüber aussieht. Leider müssen feststellen: er ist jetzt unaktiv… Schade. Das Wetter ist auch unfreundlich… Nebel, Wind, Regen… Egal wir genießen die Landschaft. So was sieht man nicht jeden Tag.



21.10.2015, Cascade de Langevin und Startnummerabgabe!
Ein bisschen Kryotherapie vor der Wettkampf ist immer gut, also wir gehen baden in ein der schönsten Wasserfall, die es gibt. Es tut einfach gut!
Kurze Wanderung und dann Startnummer abholen… Langsam wird es ernst… Die Spannung steigt… Ich habe Schiss…



22.10.2015, der längste Tag meines Lebens
Morgens einpacken: 3h!!! Und dann abwarten. Die Zeit verläuft so langsam, es ist fast grausam. Ich will endlich starten… Nein ich will nicht starten, ich schaffe es nicht. Bin gestresst, mir ist schlecht. Wird mein Po halten? Wenn nicht, was mache ich? Aufgeben? Kämpfen? Ich weiß es nicht, es sind zu viele Fragen.

19Uhr 30, mit meiner Mama, Jean und Anna fahre ich zum Start. Die Stimmung ist sehr sehr angespannt. Alle haben Angst. Angst wegen der Verletzung, vor einem Unfall, Aufgeben, ich weiß es nicht, aber etwas stimmt nicht.

20 Uhr: ich bin im Startbereich. Die Spannung ist da aber gleichzeitig alles ist ruhig. Alle Gesichter sind konzentriert. Alle schweigen, es ist fast religiös…

21 Uhr man steht auf, es wird leicht gedrängelt um nah zum Zaun zu sein.

21 Uhr 45 wir dürfen bis zum Startlinie. Ich bin erschrocken. Mein Herz schlägt wie verrückt… Bald geht es los, bald bin ich dabei, bald werde ich mein Traum erleben. Bald ist es so weit…

22 Uhr, es geht los, der Start ist deutlich langsamer als letztes Jahr… mir geht es gut, endlich darf ich laufen, die Bewegung entspannt mich. Es sind tausende von Leute am Rand. Ich habe sowas nie gesehen. Es existiert bestimmt nirgendwo anders. Die Stimmung ist da um uns zu unterstützen, wir sind die Helden der Inseln. Ab jetzt lebt die Inseln nur noch für uns. Sogar der Vulkan ist seit 1h wieder wach! Er wird uns seine Energie geben…
Meine Mama, Jean und Anna stehen an der Strecke, ein letzter Kuss und die Nacht gehört mir!

23 Uhr 30 ich überhole Nuria Picas und Véro Chastel… Ich bin am 2. VP. Mir geht es top, die technischen Passage fangen an. Quer durch Dschungel, die Arme kommen zum Einsatz. Ich gehe gemütlich dadrin, ein Fehler ist schnell getan…
Ich laufe weiter gemütlich um sicher zu sein, dass meine Verletzung ruhig bleibt. Ab und zu schmerzt es aber es hält. Ich freue mich. Unterwegs wird zwischen den Läufern viel gesprochen. Es ist eigentlich kein Wettkampf gegen die anderen sondern nur mit sich selbst. 

04 Uhr 45, also Freitag… ich habe schon 50k geschafft. Ich fühle mich fit. Es hat leicht geregnet aber sonst ist alles OK. Langsam wird es hell. Ich weiß jetzt warum ich so was tue! Ich bin jetzt bei 2000müNN, hinter mir der aktiver Vulkan, vor mir der Piton der Neige (3071müNN) links und rechts Indische Ozean und rundherum Dschungel. Die Vögel feiern den Sonnenaufgang und die wundervolle Farbe des Himmels. Es ist ein Wunder! So ist das Leben. Ich liebe laufen. Ich liebe Trailrunning!
Kurz vor 7 Uhr fange ich den Abstieg vom Kerveguen an. Letztes Jahr war es hier für mich die Hölle. Ich kam kaum vorwärts. Ich hatte Angst. Dieses Jahr erscheint es mir erstaunlicherweise nicht so schwierig. Ich kann es problemlos runter laufen. Ich werde sogar nur von 2 Personen überholt…
08 Uhr, Cilaos, meine Mama, Jean und Anna sind da. Mahlzeit. Ich ziehe mich komplett um, esse so viel ich kann, trinke und nach 20min verdiente Pause geht es weiter die Batterie sind wieder voll. Ich bin voll motiviert. Ich werde FINISHER!



09 Uhr 40 ich bin am Fuß von Taïbit. Die Temperatur ist deutlich über 30°C. In der Nacht hatten wir 2 °C, jetzt gibt es Hitze. Die Zeit spielt hier keine Rolle. Ich will einfach nicht überhitzen. Ich entscheide den Taïbit hochzugehen. Auf keinen Fall laufen. Ein Hitzschlag wäre tödlich. Nichtsdestotrotz traut sich keiner zu überholen. Wir sind alle im Schneckentempo unterwegs. Bei über 2000 erreiche ich den Pass. Ich bin wieder in Mafate! Weiter zu Col des Boeufs (Salazie). Weiter zum Plaine der Merles…. Hier ist es kalt 7-8°C! Verrückt!!!
Und weiter zurück nach Mafate. Und da wird es heiß. Es ist ein Ofen. 35°C am Schatten… aber Schatten gibt es nicht. Wir kochen. In Grand Place bekomme ich eine Dusche das heißt 5L Wasser auf dem Kopf in 5s… Es tut gut. Sehr gut sogar.
Mir wurde gesagt, dass man auf der Strecke schlafen muss. Ich versuche es… Blöde Idee. Ich schaffe es nicht, verliere nicht nur Zeit, sondern der Körper fährt auch runter… Was bringt es mir? nichts… Außer Paul Cléo Libelle zu treffen. Er hat schon 2 Mal die Strecke gewonnen und ist da neben mir. Was für eine Ehre!
Weiter nach Roche Ancrée, mit Pascal Guitton. Wir haben einander letztes Jahr kennengelernt. Ich habe ihm versprochen, dass ich Finisher sein werde. Wir plaudern ein bisschen. Es geht uns gut. Weiter. Weiter. Langsam ist es nicht mehr so heiß. Angekommen am Roche Plate, ich versuche nochmal zu schlafen. Dummheit, ich kühle nur ab. Schlafen will ich nicht. Schlafen kann ich nicht.

Und jetzt Maïdo! Die Wand von Maïdo. Ich habe alles darüber gehört. Von extrem schwer und kaum begehbar bis gar nicht so schwierig… Ich werde mir jetzt meine eigene Meinung bilden. Einfach ist es nicht. Extrem auch nicht. Es ist eine Steigung, die einfach sehr spät kommt und deswegen an den Reserve zieht aber machbar ist. Darüber hinaus, ist der Ausblick ein Traum! Man sieht die Lichter der Läufer überall in Mafate, überall auf der Wand. Im Süden sieht man, dass der Vulkan voll aktiv ist, und über uns leuchten die Sterne. Es lenkt mich komplett ab. Ich genieße es. Ich bin glücklich, dass ich so etwas erleben darf. Ich liebe meinen Sport… und ich liebe Anna und will schnell zu ihr… Kaum am Pass, geht es los nach unten. Vor Sans Soucis wartet sie, endlich wieder. Ich vermisse sie! Ich laufe ca. 1h lang und dann… meine Beine rebellieren, ich muss gehen. Ich versuche so oft wie möglich zu laufen aber es ist schwer.

23 Uhr 30 ich bin in Sans Soucis… mit vielen Sorgen! 25h30 gelaufen. Neuer Rekord. Meine Mama, Jean und Anna sind da. Ich nicht… ich bin abwesend. Essen kann ich nicht mehr, trinken auch nicht. Ich versuche wieder zu schlafen. Ich zittere. Mir ist kalt. Ich bin am Ende. Nach 30min Pause und Massage von Anna stehe ich auf… Mir geht es dreckig… Ich wackele zum VP, gehe ein Teller Reis essen… Und plötzlich geht es mir besser. Innerhalb von 5min bin ich wieder am Leben!
Ich stehe auf und LAUFE weiter Richtung Fluss. Den überquere ich in Mitten des Gesangs der Kröten. Und es geht wieder hoch. Es scheint mir alles so einfach!!! Dann runter zum VP… Es geht mir wieder gut… bis zum Chemin Kaala! Der Weg ist unbeschreiblich, es ist einfach gruselig, und extrem steil, mit Bäume um sich festzuhalten. Ich hasse es ich bin zu müde um zu spielen… Mein Knie schmerzt… Ich bin mit der 5. Frau unterwegs… Sie hat Schiss. Wir machen den Abschnitt gemeinsam… Nur schnell raus da…
 
04h30, also Samstag! Possession, ich bin fit… nur mein Knie will nicht mehr.
Schnelle VP (wahrscheinlich zu schnell) und weiter zum Chemin des Anglais. Diesen Weg kenne ich. Einfach ist es nicht. Schwer auch nicht. Ich gehe zügig darauf, bis mir plötzlich sehr schwindlich wird. Ich sehe nicht mehr so gut, es wird draußen hell aber bei mir immer dunkler. Zum Glück ist Anna mir wieder entgegen gekommen! Sie redet mit mir, aber ich bin nicht mehr da. Ich folge einfach die Stimme, es hilft noch vorwärts zu kommen. Ich bin ein Zombie. Ich bin halbtod…




Am VP, trinke ich schnell 3 Cola und 1 Malzgetränk. Viel Zucker, es sollte reichen. Dann weiter… Letzter Berg (1100hm!). Ich werde es schaffen… In der Tat: 5min später bin ich wieder in meinem Rennen. Wir sind zu fünft. Wir ziehen einander. Wir reden miteinander. Und die 2h bis zum letzte VP sind sehr sehr schnell vorbei. Das ist auch Trailrunning. Wir haben einander unterstützt. Wir haben es geschafft. Zusammen!

Nur noch 4k, 4k bergab. Mein Knie ist tot. Laufen ist untersagt. Ich will mich nicht verletzen. Ich will nur finishen. Die Zeit spielt keine Rolle mehr. Die Platzierung auch nicht. Ich glaube endlich daran: Ich werde ein FOU!
Nach etwas mehr als 1h bin ich kurz vor dem Stadion, meine Mama ist da, Jean ist da, Anna ist da! Ich weine… die Emotion ist zu stark, ich habe davon seit 2 Jahren geträumt. Endlich habe ich La Redoute erreicht… Ich bin glücklich, wir laufen zu viert Hand in Hand über die Ziellinie. Ich bin stolz, ich bin glücklich, ich habe es geschafft.
Ich bin FINISHER! Ich habe überlebt.




Ich darf ein kurzes Interview geben. Ich bekomme die Medaille und das T-shirt, als Symbol einer Grenzerfahrung.


Ich gehe zum letzten VP, Zielverpflegung. Trinke ein bisschen, Anna bringt mir Pommes, Jean ein Bier. Ich genieße und erzähle, zumindest versuche ich es.

Ich versuche duschen zu gehen… Mein Kreislauf ist ausgeknockt… ich bin über meine Grenzen gegangen… ich werde 1-2h bei der Rote Kreuz bleiben… Dann essen, trinken und nach Hause… ich versuche nochmal zu verstehen, was ich geschafft habe! Ich kann endlich ein Strich unter 2014 ziehen. 2015 ist ein wunderbares Jahr. Ich bin ausgeglichen.

Ein paar Tage ist es jetzt her. Ich habe noch nicht komplett begriffen, was ich gemacht habe. Ich bin noch in einem Traum. Ich bin einfach sehr glücklich. Davon bin ich überzeugt.


Ich möchte mich einfach bedanken, bei allen die mir unterstützt haben, Christian und Iris von der Landau Running Company, danke für die moralische Unterstützung und die tolle Ausrüstung, ihr seid  weltklasse, beim ganzen Team des LRC und besonders den Läufer(ine)n, mit denen ich näher war und trainieren durfte. Ihr ward da, als ich es gebraucht habe. Ich hoffe, ich war auch da um ein paar Mal Hilfe zu geben…
Danke an Rainer von Salomon für die tollen Schuhe. Die Slab Wings waren genial! ich habe sie über 100k während der Diagonale getragen. Beschwerdefrei. Es hat bestimmt eine große Rolle gespielt.
Danke an die Veranstalter aller Läufe, die mich auf die Diagonale vorbereitet haben und insbesondere danke an die Familie Höfle vom KuSuH!
Danke an das Orgateam und die Helfer von der Diagonale. Es hat mich immer gefreut wieder eure Gesichter zu sehen. Ohne euch wäre nichts möglich.
Danke an alle, die mir vorher, während und nachher unterstützt haben. Man kann es kaum glauben, aber es hilft.
Danke an meine Mitläufer, insbesondere Pascal! Wir sehen uns bestimmt wieder.
Und ganz besonderen Dank an meine Mama, Jean und Anna, die auch 35h auf den Beinen waren, die vor Angst gestorben sind, die immer an mich geglaubt haben und die einfach da waren. Es war eine Ehre mit euch über die Ziellinie zu laufen. Ihr habt es verdient! Und nochmal Danke Anna für die Massage vor während und nach dem Lauf sowie das Taping, das Mitlaufen und die tolle Hinweise unterwegs, die Vorbereitung meiner Sachen am VP
und und und einfach du bist mein Everything. Merci!
Und danke an alle, die ich vergessen habe!
Jetzt ist meine Saison zu Ende. Ich lasse ein paar Tage verstreichen, um ein Zusammenfassung zu schreiben, aber ich habe mein Ziel erreicht : Ich bin glücklich!

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