Dienstag, 7. Juli 2015

Andorra: meine Hölle in Paradise

 Als ich in 2013 mit dem Trail angefangen habe, habe ich fast sofort über Andorra und die Ronda dels Cims gehört. Ich hatte mich versprochen die Strecke in Anspruch zu nehmen und natürlich die zu finischen. An dieser Zeit, kannte ich noch nicht meine Grenzen, ich dachte blöderweise ich hätte keins… Heute ist der Tag gekommen. Heute stehe ich am Start. Heute werde ich die Ronda laufen… aber vorher kleiner Rückblick…


Tag-7

Nach einem schweren Abschied, fliege ich von Karlsruhe nach Girona mit Thilo. Von dort die Fahrt nach Andorra dauert ca. 3h… Ein Katzensprung. Gerade im Land eingekommen, verstehe ich warum es hier besonders wird, die Berge sind verdammt steil und es ist warm, sehr warm!

Tag-6

 

















Der Plan ist die komplette Strecke der Ronda innerhalb 4 Tage zu erkunden. Dafür tragen wir beide ganzes Gepäck, essen, trinken, Schlafsack, Isomatte…. Grob 15kg pro Person… Um 9 Uhr starten wir los, begeistert von unserem Abenteuer. Eine kleine Runde in Ordino und dann geht es wirklich los… es steigt zwar noch sanft aber es ist nur ein Anfang… Bald sind wir über Ordino es ist ein Traum! Das Gewicht der Tasche ist schon vergessen. Steiler ist es bald und wir erreichen schon die 2000müNN Grenze. Thilo hat Probleme…Er hat die Strecke unterschätzt… und ich muss ehrlich sein ich auch. Ich komme mit der Strecke klar aber wir sind zu langsam… wir kämpfen uns hoch zum zukünftige 1. VP die wir nach Ewigkeit erreichen. Weiter zu gehen wäre ein Fehler. Wir können es nicht, wir haben viel zu viel Gepäck! Wir latschen was die letzte Etappe wird runter. Hole unser Appartement früher als geplant und entschieden uns anders zu arbeiten…



 Thilo wird Tageswanderung machen, um sich mit dem Gelände und die Höhe zu gewöhnen und ich werde die Strecke allein weiter erkunden…


Tag-5
Wir fahren nach Arinsal, Nachbardorf in einem anderen Tal. Wir laufen die ersten 3k zusammen. Ich vollgepackt, Thilo mit Tagesversorgung. Ich laufe dann weiter Richtung Plan de l’Estany und Thilo Refugio Comapredrosa. Wir hätten von Estany starten müssen… Angekommen vor Ort fängt es wirklich an… Wer schon ein VK gelaufen ist weißt wie schwer so eine Strecke ist. Hier ist es einfach schlimmer… 2,4k 880hm… Das Ende zum kleinen Pass ist meiner Meinung nach gegen 70% Steigung. Mit meiner 15kg Rucksack rutsche ständig weiter runter… Ich versuche über Schnee unmöglich, über Stein und Kies hart sehr sogar aber ich komme durch… Echt die Hölle!!! 

Oben an der Spitze ist das Blick… Unbeschreiblich. 360° Paradise. Man kann bestimmt 300-400km entfernt problemlos sehen… Ich bleibe sprachlos… aber schnell muss ich runter. Ich entscheide mich für den Gratweg. Ist zwar nicht der Weg des Rennens aber scheint schön zu sein… 

Ich gehe so schnell ich kann treffe den Thilo heute deutlich fitter… Es freut mich sehr. Und gehe weiter zum Refugio. Auf Grund von Rucksack bin ich nicht nur langsamer sondern auch unstabiler und so fliege ich schön im Schnee. Egal weiter immer weiter, das Wetter ist perfekt ich gehe zügig weiter von Pass zum Grat, von Grat durch die Wiese und weiter zum Pass… Hier ist es komplett wild und schön. Toller Gegend. Langsam merke ich dass ich wieder zu langsam bin… ich werde es schlecht schaffen. Laufen ist leider nicht möglich… und deswegen verliere ich sehr viel Zeit…
Angekommen am Bony de la Pica, rufe ich mein Retter an. Thilo soll mich unten abholen. Es sind nur 7k mit 1600hm… Eine gute Stunde sollte reichen… Da sieht man wie schlecht ich die Gegend kenne.


Ich habe schon schlimme Bergab gesehen, Auf Réunion kann man sagen, dass es dort pervers sein kann… Andorra kann es auch! Ich habe meistens null Ahnung wie ich es schaffen soll, ich sehe nicht wo ich treten muss… Es ist pervers steil, dann die Passage in der Ebene sind extrem geneigt… Ich denke kurz an Oberstdorf, meine Offtrail, mein Klettersteig, es war Pipifax. Kinderspiel. Hier ist Alpin… nein Pyrenäen! Darüber hinaus muss man immer öfter nochmal hoch und dann runter… Weg gibt es wirklich kein. Ich denke ich bin zwar kein Bergman aber Schiesser bin ich auch nicht. Da fühle ich mich sehr unwohl. Ich werde 3h brauchen um unten zu kommen… 3h für 7k und 2000hm Bergab… ich bin sicher ich wäre viel schneller bergauf gewesen!!!


Unten ist Thilo da. Danke!!! Wir fahren in der Wohnung. Die Erkundung ist zu Ende!

Tag-4
Heute Plan ist wieder in der Höhe zu verbringen. Wir fahren nach Plan de la Casa… Hässlich!!! Und wir laufen der Strecke entgegen. Jeder für sich. 3h in einer Richtung, 3h zurück!

 Nach dem Pass der Izard, verlassen wir den Pas de la Casa für den Paradise… Es ist pure Natur hier. Kein Spur von Menschen bis auf den sehr schönen diskreten Pfad. Ich lebe wieder. Ich laufe nicht ich springe, ich genieße und will mehr davon sehen und laufe weiter und weiter und weiter. Die Bilder werden nie zeigen, wie es hier ist, können diese Atmosphäre nicht übertragen, der Geruch, der Lärm des Wassers… Seit lange hatte ich nicht etwas so pures gesehen… Ich vergesse fast dass ich zurück muss und laufe leider schon zurück. Echt toll hier! Zurück zum Zivilisation… Warum machen die Menschen so was Hässliches! Warum muss der Mensch seine Spur überall lassen!

Ich versuche nicht zu viel zu denken und wir fahren heim.

Tag-3
Andorra la Vella
Um uns zu erholen fahren nach Andorra zu Kulturtour…
Kurz die Stadt ist klein aber nicht schlecht… Weiter
 


Tag-2
Erkundung für den Marató
Da Thilo den Marató laufen soll fahren wir nach Sorteny und wollen hoch zum Casamenya. Ich laufe mich gemütlich hoch und treffe einen Markierer. Wir babbeln länger zusammen. Ich werde ihn bei den 2. VP treffen. Nett. Am Pass warte ich auf Thilo mit… einem Schläfchen… Da er nicht kommt gehe langsam runter und sehe ihn nicht… komisch. Egal ich lauf hoch zum Casamenya, da ich kein Weg finde nehme ich die direkte Variante… Geradeaus hoch ;-)



Oben ist es erstaunlich flach! Runter finde ich den Weg und laufe weiter Richtung Auto. Ich treffe wieder unterwegs den Thilo… Er hat sich verlaufen und ist ein 2800müNN hochgelaufen… Krass!!!

Ich klaue ihn seine Stöcke und zwinge ihn, Vollgas runter zu laufen. So schnell er kann! Ganz schnell sind wir am Auto. Es hat echt Spaß gemacht. Es war unser letztes Training!

Tag-1
Ruhetag. Ich stehe mit tierischem Rückenschmerz auf… Keine Ahnung was los ist. Ich kann kaum gehen! SCHEISSE!!!
Ich rede mit meiner (zukünftigen) Lieblingscoach. Sie empfiehl mir viel zu dehnen. Und so verbringe ich mein Morgen… Dehnen, dehnen, dehnen. Langsam gibt den Schmerz nach…
Abends Briefing. Ordino, die bis jetzt so ruhig war ist gerade so voll unglaublich. Alle sind da! Ein Traum.
Die Strecke wird vorgestellt, Wettervorhersage gezeigt, Empfehlungen gegeben. Echtes Briefing. Der Gérard weißt wirklich wie das funktioniert (nicht wie einige Veranstalter die ich hier nicht nennen werde!)

In Bett, morgen geht es los!

Tag T
5Uhr aufstehen. Ich habe sehr gut geschlafen. Meine Rücken schmerzt noch aber ist besser geworden. Ich kann frühstücken. Ich bin entspannt. Ich bin bereit.
Kurz nach 6Uhr fahren wir los. Gerade in dem Startblock gehe ich mit ein paar Freunde reden… Ich kenne die von der Diagonale: Jérôme Lucas, Antoine Guillon, Véronique Chastel und natürlich Néréa Martinez.


Zum ersten Mal sehe ich einige Leute die am Start weinen. Die Emotion ist groß. Sehr groß. Es ist schon warm. Ich fühle mich gut. Und wir starten los. Mein Herz krampft. Ich bin dabei, er wird lang sehr lang. Es wird steil sehr steil. Aber warum nicht.



Ich starte mit den super Eliten ich laufe die ersten 3km mit Antoine, Jérôme, Véronique, Néréa, Francesc Sollé, Patrick Bohar und viel andere… Es ist wie in einem Traum. Das Tempo ist angenehm, nach ca. 1h habe ich wirklich Platz zu laufen, ich bin mit Néréa, die erste Frau unterwegs und wir laufen gemeinsam bis nach Sorteny. In 3h08 bin ich dort. Es ist schneller als der 2. Letztes Jahr!!! Und ich gehöre noch nicht zu den 50. Ersten! Néréa macht wie immer eine express Verpflegung… Wie schafft sie das!!! Und lass mich da stehen… Ich beschleunige ein bisschen und kriege sie noch vor dem Pass. Wir laufen weiter bis zum nächsten VP. Es ist traumhaft schön hier, aber schon pervers schwierig… Es ist steil, weglos durch höhen Grass, viele Löcher, viel Wasser, gemeine Steine… Ich weiß es nicht aber ich kann darauf nicht schnell mich bewegen. Da ich sehr auf meine Schritte Bergab konzentriert bin, kann ich schlecht die Landschaft genießen. Schade.

Egal Nächste VP ist schon (alles ist relativ!!!) wieder da. Ich plaudere ein bisschen mit den Markierer. Und fange ich mit dem nächsten Pass an. Gerade oben ist es wieder ein Traum. Die Strecke ist so schön!!! Die Helfer sagen: nächste VP ist direkt da unten… in 8k! OK perfekt wird es schnell gemacht…

Nette Helfer… Schöne Lüge dazwischen gibt es noch ein Pass ;-) So einfach kann es nicht sein.

Nächste VP. Plan de l’Estany. Ich weiß was jetzt zukommt und nehme mir Zeit mich zu verpflegen… Und es geht los! Hoch hoch hoch! Es ist steil, steiler, steilste, Andorra wie Julia Böttger in Trailmagazin sagte… In der Tat. Ich hatte vergessen es zu erwähnen… Serpentine sind in Andorra unbekannt. Wozu sagen sie? Wenn man hoch muss, muss man, je steiler desto schneller ist es vorbei… Interessant!

1h20 bin ich auf der Spitze. Nicht schlecht. Und jetzt runter zum Refugio um danach… GEWONNEN wieder hoch zum Pass! Wir laufen danach am Kamm entlang, ich bin mit einem Japaner, er sieht ziemlich mitgenommen aus. Es ist seit morgens unerträglich warm. In Ordino bei 1300müNN 32°C! Hier oben kein Wind nur warm. Langsam bin ich auch nicht mehr so fit… ich laufe weiter aber denke schon nicht so klar.

Jetzt kommt die bekannten Bergab durch die Wiese… Grass 50cm hoch voll mit Löcher steil bis nicht mehr geht und so runter… Es nervt mich ich habe kein Spaß darauf… Kaum unter muss man über die Skipiste hoch zum VP ich bin genervt… ich verstehe nicht warum aber ich genieße nicht mehr. Am VP niemand spricht französisch. Es gibt nicht was ich will, (obwohl es gibt wirklich alles, die VP sind reichlich versorgt!)… ich verlasse es schnell und kann endlich mal laufen, es ist flach… naja flacher. Ich gucke die Uhr. Den Bergab von Bony de la Pica sollte ich Tagsüber kriegen. Gute Nachricht.

Ich überhole einen Pole… er ist out. Sonnensticht. Ich denke nicht ich mache es weiter ich will einfach zum VP und dort aufhören, keine Lust. Ich bin schlecht drauf, motze nur rum und gucke sogar nicht mehr links und rechts…

Am Spitze treffe ich Helfer… sie machen Witze… aber will nicht mehr lächeln:
„-Waren Sie schon in Andorra?
-Nein, aber hier kenne ich.
- Ach gut, dann bitte sterben sie nicht!
- …“

Ich denke nur noch Arschloch… Ich laufe das Ding runter… Ist besser als mit Rucksack aber top ist es nicht. Darüber hinaus habe ich 20 Fliegen um den Kopf die mir wirklich auf dem Sack gehen. Irgendwann wird es dunkler, ich schalte die Lampe an… Komme gleich in der Halle und gebe einfach auf. Motiv keine Lust. Platzierung 14. Kein Schmerz, keine Verletzung, kein Problem einfach keine Lust! Nach 15,5h laufen. Ich will nicht weitere 24h unterwegs verbringen.
Ich bedauere nichts!

Ich werde von der Orga nach Hause gebracht. Das nenne ich Service!!! Echt top.

Tag +1
Ich habe natürlich gar nicht geschlafen. Ich war nicht müde ich habe die andere verfolgt und mich informiert wie alles gelaufen ist. Ich folge genauer Fransesc, Jérôme, Antoine und Néréa…

Ich bringe Thilo zum Start. Er ist sehr gespannt. Ich versuche ihn zu beruhigen. Er kann es schaffen. Er hat große Fortschritte hier gemacht.



















Ich werde ihn auf der Strecke öfter treffen und anfeuern. Ich werde auch Fransesc begleiten und natürlich mit Néréa in Ordino einlaufen… Ihre Füße sind tot… so hätten meine Aussehen können.

Thilo überquert die Ziellinie! Unglaublich vor eine Woche hatten wir beide große Zweifel und er hat die Strecke gemeistert. Gratulation. Ich bin für ihn überglücklich!

Ich bedauere nichts… vielleicht ein bisschen… eigentlich nichts.

Ich gehe schlafen, nach über 40h wach…

Tag+2
Solidaritrail, da ich nicht die Ronda laufen könnte, werde ich dort teilnehmen. Es sollte ein Spaziergang mit Kindern, und mit behinderten Kindern sein. Kann schön sein. Man sollte nie vergessen welches Glück wir haben uns frei bewegen zu können. Nicht jeder kann es!
Um 09Uhr startet es locker und schnell erhöht sich deutlich das Tempo… ich denke warum nicht ein bisschen Gas zu geben… Und so geht es von allein, ich beschleunige langsam aber sicher. Und bald bin ich sehr zügig unterwegs. Ich packe die Strecke unter 1h! 10k 750hm unter 1h nicht so schlecht.

Ich bin gekommen um die schwerste Strecke zu laufen, am Ende bin ich die einfachste gelaufen… Alles läuft immer anders…

Bei der Siegerehrung unterhalte ich mich länger mit Néréa über Ihre Pläne, meine Pläne, mein Ausstieg… Sie meint es wäre nicht eine Frage von dem Niveau… Ich bin stark genug für die Strecke, ich muss einfach mental mich verstärken und die richtigen Wörter finden. Ich sollte jetzt in der Tat mich nur auf der Diagonale fokussieren und danach sehen, ob ich hier wieder starte. Ich gebe ihr Recht. Die Diagonale ist auch kein Kindergeburtstag. Ich muss dort stärker mental ankommen. Je nachdem ich dort ankomme werde ich entscheiden, ob ich mich hier wieder zutraue.

Heute ist T+5
Ich kann endlich mal wieder meinen Bericht schreiben. Ich bedauere. Ich bedauere, dass ich nicht alles geben könnte. Es war einfach nicht mein Tag. Physisch war ich top. Top vorbereitet, Top ausgerüstet (Danke Landau Running Company)Top am den Tag, die kleine Schmerzen waren weg… Mental war ich schwach. Warum? Ich kann es mich noch nicht nachvollziehen. In Rumänien, trotz Verlaufen und Ärger habe ich es immer geschafft weiter zu kämpfen. Hier nicht. War es die Hitze? Die Fliegen? Die Schwierigkeit der Strecke? Die Motivation? Ich weiß es nicht. Das muss ich noch rausfinden, mit meiner Coach werden wir darauf arbeiten. Ich denke physisch kriege ich es ihn mich zu trainieren. Mental werde ich Hilfe brauchen. 



Auf jeden Fall habe ich meine Grenze gefunden… und jetzt will ich nur noch die weiter schieben!

Die Vorbereitung läuft jetzt weiter. Die Diagonale naht und die andere Läufe noch mehr…


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